Bauhüttenwesen – Immaterielles Kulturerbe international
06.02.2019
Immaterielles Kulturerbe
Zur Unterstützung der Bewerbung wird heute in Paris im World Heritage Centre eine Fiale aufgebaut, die aus 17 Einzelteilen zusammengesetzt wird. Jede der 17 Hütten hat ein Teilstück aus einem für den jeweiligen Bau charakteristischen Stein erstellt. Auch die Dombauhütte Aachen hat durch ihren Steinmetz Jochem Brammertz ein Teilstück aus dem im Aachener Dom oft verbauten Nivelsteiner Sandstein ( Herzogenrath) hergestellt.
Frankreich, Deutschland, Norwegen, Österreich und die Schweiz haben sich für eine multinationale UNESCO-Nominierung des Bauhüttenwesens für das Register Guter Praxisbeispiele der Erhaltung Immateriellen Kulturerbes zusammengeschlossen. Die Nominierung soll im März 2019 bei der UNESCO eingereicht werden.
Seit Jahrhunderten bewahren Bauhütten sowohl eigenständig als auch innerhalb ihres grenzüberschreitenden Netzwerks traditionelle Handwerkstechniken, überliefertes Wissen sowie Bräuche und Rituale im Zusammenhang mit dem Bau und dem Erhalt von Kathedralen, Großkirchen und -gebäuden. Bauhütten sind sowohl Arbeits- als auch Lebensgemeinschaft, in der interdisziplinär verschiedene Gewerke auf höchstem Niveau an einer Bauaufgabe gemeinsam arbeiten. Unter der Leitung des jeweiligen Baumeisters oder der Baumeisterin sind das Steinmetzen, Bildhauer, Schreiner, Zimmerleute, Gerüstbauer, Dachdecker, Schmiede, Gold- und Silberschmiede, Metallrestauratoren, Elektriker, Restauratoren im Steinfachhandwerk, Glasrestauratoren, Kunstglaser und Glasmaler, Türmer sowie Bauhelfer.
Saurer Regen, hervorgerufen durch die Verbrennung von Kohle, Heizöl und Benzin, führten vor allem im 19. und 20. Jahrhundert beim Naturstein zu starken emissionsbedingten Beschädigungen. Heute sind es überwiegend witterungsbedingte Umwelteinflüsse, wie Stürme und Starkregen, welche den Bauten zusetzen. Um diesen Gefahren so substanzschonend wie möglich entgegen zu wirken, wird vor allem präventiv gearbeitet. Der daraus resultierende stetige Restaurierungsbedarf begründet den notwendigen Erhalt der Bauwerke durch die Bauhütten, denn eine kontinuierliche und systematische Restaurierung durch eine fest eingerichtete Bauhütte hat sich als unabdingbar für eine denkmalgerechte, nachhaltige und dauerhafte Erhaltung historischer Großbauten erwiesen.
Das Bauhüttenwesen als weltweites Modellprogramm
Ziel der modernen Bauhütten ist es, das Wissen über die tradierten Handwerkstechniken auch in Zukunft weiterzugeben und lebendig zu halten. Dieses beispielhafte Engagement für den Erhalt und die Förderung Immateriellen Kulturerbes mit gezielten bewusstseinsbildenden Informations- und Vermittlungsmaßnahmen und der eng vernetzten Zusammenarbeit mit Akteuren aus Politik, Kirche, Wirtschaft und Forschung kann als Gutes Praxisbeispiel modellhaft weltweit dienen. Zugleich fördern die Bauhütten durch ihre Arbeit und deren Vermittlung an die Öffentlichkeit das Verständnis für Großbauwerke aus dem Mittelalter, wie Kathedralen und Burgen, deren Baubetrieb, Bauorganisation und die Bautechnik.
An der Erstellung der multinationalen UNESCO-Nominierung des Bauhüttenwesens für das Register Guter Praxisbeispiele der Erhaltung Immateriellen Kulturerbes sind 17 Bauhütten aus Frankreich, Deutschland, Norwegen, Österreich und der Schweiz beteiligt: in Aachen, Bamberg, Passau, Mainz, Xanten, Lübeck, Soest, Dresden, Ulm, Köln, Freiburg, Regensburg, Schwäbisch Gmünd, Strassburg, Trondheim, Wien und Basel.